Zwei Frauen arbeiten an einem Laptop
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Digitalisierung der Verwaltungen in der DRK-Wohlfahrt


Viele Verwaltungen innerhalb der DRK-Gliederungen stehen vor der Herausforderung, die internen administrativen Prozesse zu digitalisieren. Dabei ist vielen bewusst, dass es nicht ausreicht, die vorhandene Papierwelt digital abzubilden. Wesentlich ist vielmehr, die Prozesse in ihrer Komplexität von Anfang bis Ende in den Blick zu nehmen und in neue und schlanke digitale Prozesse zu überführen. So kann das Potenzial digitaler Lösungen effektiv genutzt werden.
Bei Fragen zur Digitalisierung Ihrer Verwaltung wenden Sie sich gerne an Susanne Bruch

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Digitalisierung des Antragsprozesses für Lotterieanträge

Warum setzen wir dieses Projekt um?

Im DRK werden viele Projekte und Vorhaben durch Drittmittel finanziert. Die Anträge für einige Drittmittel werden für das gesamte DRK zentral im Generalsekretariat geprüft und an Zuwendungsgeber weitergeleitet. Zuwendungsgeber sind beispielsweise Soziallotterien wie die Aktion Mensch oder die Glücksspirale. Diese Prüfung läuft aktuell in vielen Fällen papierbasiert und unterscheidet sich je nach Zuwendungsgeber.

Die papierbasierte Prüfung hat einige Nachteile:

  • Wird bei der Prüfung deutlich, dass Veränderungen im Antrag notwendig sind, müssen die Dokumente postalisch hin und her geschickt werden – dies verursacht Kosten und benötigt viel Zeit.
  • Für Antragsteller ist teilweise nicht ersichtlich, wo im Prüf- bzw. Antragsprozess sich der Antrag aktuell befindet.
  • Für Antragsteller ist nicht immer klar, welche Anforderungen an einen Antrag gestellt werden und ob das Vorhaben förderfähig ist.
  • Die Dokumente müssen alle archiviert werden – dafür braucht es Platz.

Welche Ziele möchte dieses Projekt erreichen?

Ziel des Projektes Digitalisierung der Fördermittelberatung ist es, einen digitalen Antrags- und Prüfprozess zu entwickeln und umzusetzen, der die Antragstellung für alle Beteiligten einfacher und transparenter macht.

Es soll ein digitales System eingeführt werden, in dem Antragstellende die für sie passenden Fördermittel im Kontext der Soziallotterien (z.B. Aktion Mensch, Glücksspirale, Deutsche Fernsehlotterie) finden und direkt online Anträge einreichen können. Die Anträge werden automatisch an die zuständigen Prüfstellen weitergeleitet und können im System durch DRK-Fachexperten bzw. -expertinnen geprüft werden. Die Kommunikation zwischen Antragstellenden und Prüfenden erfolgt im System, sodass Anträge mit wenig Aufwand von beiden Seiten überarbeitet werden können. Gleichzeitig ist für alle Beteiligten jederzeit einsehbar, welchen Status der Antrag aktuell hat. Ist der Antrag geprüft und freigegeben, wird er vom Generalsekretariat – je nach Anforderung des Zuwendungsgebers – digital oder postalisch an den Zuwendungsgeber versendet. Der positive oder negative Bescheid über den Antrag wird durch das Generalsekretariat in das Online-System eingepflegt.

Wie haben wir dieses Projekt umgesetzt?

Das Projekt ist in fünf Projektphasen aufgeteilt. Nachfolgend finden Sie eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Phasen. Für Phase 1-4 wurden 5 Monate eingeplant, die Dauer der Umsetzung ist abhängig von der Lösung, für die sich entschieden wird.

  1. Kick-off
  2. Erhebung der IST-Prozesse
  3. Entwicklung eines SOLL-Prozesses
  4. Entwicklung eines Anforderungskonzepts für eine IT-Lösung
  5. Ausschreibung
  6. Umsetzung (ab Feb/März 2020)

Phase 1: Kick-off

Bei einem gemeinsamen Projekt Kick-off mit den Projektverantwortlichen wurden in einem dreistündigen Termin die für das Projekt wichtigsten Fragen adressiert:

  • Was sind Ziele und Nicht-Ziele?
  • Wer sind die Zielgruppen?
  • Wer ist beteiligt bzw. wer sind wichtige Stakeholder?
  • Über welchen Zeitraum sprechen wir?
  • Was ist ein sinnvolles und realistisches Projektvorgehen? Welche Meilensteine setzen wir uns?

Phase 2: Erhebung der Ist-Prozesse

In der zweiten Phase wurde über einen Zeitraum von zwei Monaten der Status quo der Antrags- und Prüfprozesse für die verschiedenen Zuwendungsgeber aufgenommen. Hierfür haben wir die so genannte Brown-Paper-Methode verwendet und das Notationsformat BPMN.

Brown-Paper-Methode bedeutet, dass die am Prozess beteiligten Personen in einem gemeinsamen Workshop vor einer beschreibbaren Wand – zum Beispiel einem Brown-Paper bzw. Metaplanpapier – stehen und gemeinsam den gesamten Prozess visualisieren. Die Notation BPMN ist eine standardisierte Form, um Prozesse zu visualisieren. Zentrale Merkmale sind, dass der Prozess horizontal von links nach rechts verläuft und die zuständigen Akteure jeweils eine eigene „Swimlane“, also eine Zeile erhalten, in der ihre Aufgaben im Prozess enthalten sind. Die jeweiligen Aktivitäten werden als quadratische Box, Entscheidungspunkte durch Rauten dargestellt. Eine Übersicht über die wichtigsten Eigenschaften der Notation und Erklärungen finden sich hier: http://labun.com/fh/bpmn/bpmn-article.pdfhttp://www.bpmb.de/images/BPMN2_0_Poster_DE.pdf

Auf dem Foto ist nicht lesbar der gesamte Prozess mit Post-Its auf einem Brown-Paper erstellt worden.

Visualisierung unseres Prozesses mit der Brown-Paper-Methode

 

Ein Muster Prozessablauf von links nach rechts verschiedene Stationen durchläuft.

© GbTEC Software + Consulting AG: Beispielhafte Prozessdokumentation mit BPMN mit zwei Swimlanes: MA Vertrieb und Kaufmännischer Leiter [PDF, Seite 12]

Prozesse lassen sich auch anders als mit BPMN darstellen. Möglich sind beispielsweise klassische Flussdiagramme (mehr Infos dazu hier: https://www.lucidchart.com/pages/de/flussdiagramm-symbole) oder die Methode RACI (https://projekte-leicht-gemacht.de/blog/pm-methoden-erklaert/raci-matrix/).

Im Projekt haben wir uns für BPMN entschieden, da hier eine gute Übersichtlichkeit über den Gesamtprozess gegeben ist und die Verantwortlichkeiten jederzeit eindeutig dargestellt werden.

Jeder Workshop zur Ist-Prozesserhebung läuft nach dem gleichen Muster ab:

  1. Abfrage im Plenum und Dokumentation an einem Flipchart o.ä.:
    1. Für welchen Kontext erheben wir den Prozess?
    2. Was ist Ziel des Prozesses?
    3. Womit startet der Prozess?
    4. Womit endet der Prozess?
    5. Wer ist am Prozess beteiligt?
    6. Welche (finanziellen) Ressourcen stehen zur Verfügung?
  2. Wechsel zum Brown-Paper und gemeinsame Visualisierung des Ist-Prozesses:

Praxistipp: Es empfiehlt sich hier, mit Post-it’s zu arbeiten, damit Aktivitäten flexibel verschoben werden können. Häufig werden bei der Prozesserhebung einzelne Schritte vergessen, die es dann im Nachhinein zu ergänzen gilt. Dies ist leichter, wenn die einzelnen Aktivitäten flexibel auf dem Brown-Paper umsortiert werden können.

  1. Für alle aktiv beteiligten Akteure wird jeweils eine Zeile, also eine Swimlane eingefügt. Der zentrale Akteur oder die zentrale Akteurin im Prozess sollte mittig platziert werden.
  2. Der zuvor definierte Startpunkt wird eingetragen.
  3. Vom Startpunkt werden nach und nach die einzelnen Prozessschritte erfasst und auf dem Brown-Paper festgehalten bis zum zuvor definierten Endpunkt des Prozesses.
  4. Anschließend schauen alle noch einmal gemeinsam auf den Prozess mit den Fragen:
    • Ist der Prozess so korrekt?
    • Fehlt etwas?
    • Gibt es noch Unsicherheiten, die im Anschluss geklärt werden müssen?
  5. Identifikation von Schwachstellen im Ist-Prozess

Alle Teilnehmenden erhalten Punkte und/oder Klebezettel und markieren in Stillarbeit die Schwachstellen im Ist-Prozess, die ihnen auffallen. Anschließend werden diese im Plenum vorgestellt.

Für die Durchführung eines Prozesserhebungs-Workshops benötigen Sie:

  • Brownpaper (z.B. Packpapierrolle oder mehrere Metaplanpapiere), ein großes Whiteboard oder eine hierfür geeignete Oberfläche eines digitalen Geräts
  • Stifte
  • Post-it’s oder selbstklebende Moderationskarten
  • Punkte
  • Flipchart

Phase 3: Entwicklung eines Soll-Prozesses

Nach Erhebung der Ist-Prozesse und Identifizierung der Schwachstellen in den Ist-Prozessen wurde in einem weiteren Workshop ein Soll-Prozess definiert.

Hierfür wurden zunächst die erhobenen Ist-Prozesse miteinander abgeglichen und Unterschiede und Übereinstimmungen in den Prozessen herausgearbeitet. Anschließend wurde definiert, welche Unterschiede es gibt, die erhalten werden müssen (z.B. auf Grund von Anforderungen durch den Zuwendungsgeber) und wo vereinheitlicht werden kann.

Auf dieser Basis wurde ein schlanker Soll-Prozess definiert, der wie in der Ist-Erhebung auch mit der Brown-Paper-Methode und der BPM-Notation gemeinsam visualisiert wurde.

Für den Soll-Prozess wurde bereits ein IT-System mitgedacht. Das IT-System hat entsprechend eine eigene Swimlane (Zeile) erhalten.

Basierend auf dem Soll-Prozess wurden durch die Teilnehmenden anschließend Anforderungen an das IT-System gesammelt wie beispielsweise die Funktionen „Online Antragsformular“ oder „Statusanzeige“.
Diese wurden in einer MuSoKaH-Matrix priorisiert:

 

 

Die Agenda auf einem Flipchart aufgeschrieben: Ist-Analyse, Soll Prozess definiere, IT-Anforderugnen und Digitale Förderwelt weiter gedacht.

Phase 4: Entwicklung eines Anforderungskonzepts für eine IT-Lösung

In einem weiteren Workshop Mitte / Ende Dezember 2019 wird auf Basis des Soll-Prozesses und der definierten Funktionen einer IT-Lösung ein Anforderungskonzept für die IT-Lösung entwickelt. Auf dieser Basis erfolgt die Ausschreibung (Jan/Feb 2020) und anschließend die Umsetzung.

Hier folgt ein Update sobald die einzelnen Projektphasen abgeschlossen sind.

Wie setzen sich die Kosten zusammen? Gibt es Fördermittel?

Aktuell (04.12.2019) befinden wir uns zwischen Phase 3 und 4 im Projekt. Die Kosten für Kick-off sowie Ist- und Soll-Prozess Visualisierung belaufen sich nur auf die Materialkosten, sofern keine externe Beratung einbezogen wird. Eine externe Beratung veranschlagt für die drei Projektphasen i.d.R. ca. 5.000,00 – 7.000,00 €.

Bei der Definition des Anforderungskonzepts sollte eine Person mit IT-Expertise federführend sein. Auch hier kann häufig auf interne Ressourcen, z.B. die IT-Abteilung, zurückgegriffen werden. Alternativ kann externe Unterstützung einbezogen werden. Dafür ist mit Kosten von ca. 5.000,00 – 10.000,00 € zu rechnen.

Je nachdem, was für eine Lösung am Ende umgesetzt wird, unterscheiden sich die Kosten für die Umsetzung und Einführung sich sehr stark. Hier ist es sinnvoll, frühzeitig Kostenschätzungen möglicher Anbieter einzuholen.

Eine gute Adresse für günstige IT-Lösungen für Non-Profit Organisationen ist auch https://www.stifter-helfen.de/

Weitere Fördermöglichkeiten im Bereich Digitalisierung haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Welche Erfahrungen und Erlebnisse möchten wir mit Ihnen teilen?

Im Projekt war für uns eine wichtige Erkenntnis, dass bei einer Prozessaufnahme maximal 3-4 Personen beteiligt sein sollten, da sonst schnell Diskussionen über Feinheiten und Kleinigkeiten entstehen.

Außerdem ist es für alle hilfreich, zu Beginn einer Prozesserhebung eine kleine Übung zu machen. Zum Beispiel: Zeichnet den Prozess des morgendlichen Kaffee-Kochens auf. Hieran erkennen die Teilnehmenden, dass auch Prozesse, die vermeintlich „klar“ sind, eben nicht ganz so klar sind, weil unterschiedliche Sichtweisen und Detailtiefen bei den Einzelnen bestehen.

Wer sind Ihre Ansprechpersonen für Nachfragen und Anfragen?

Wenn Sie Fragen zum Projekt oder zu einzelnen Projektschritten haben, wenden Sie sich gerne an Susanne Bruch aus der Koordinationsstelle des Projekts Kompetenzzentren.

Das Projekt wird mit dem Team 43 – Finanzierung & Impact des DRK Generalsekretariats durchgeführt und von Seiten des Teamleiters Mahmut Kural geleitet.

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